Hoch oben in der Krone eines alten Baumes, geschützt von dichten Blätterdächern, lag ein kleines Nest. In diesem Nest wohnte eine junge und abenteuerlustige Maus namens Manuela. Manuela träumte davon, neue Orte zu erkunden und mit den Geschichten ihrer Abenteuer zurückzukehren. Ihre Neugier führte sie weit über die Wipfel ihrer Heimat hinaus, bis sie eines Tages einen ungewöhnlichen Gegenstand im Wald fand – einen kleinen Tretroller in leuchtendem Rot. Dieser Tretroller sollte ihr Ticket in ein großes Abenteuer werden.
Mit einer Mischung aus Mut und Vorfreude stieg Manuela auf den Tretroller und fuhr los. Der Waldweg war wie für sie gemacht, und ihre flinken Pfoten lenkten den Roller geschickt durch das Dickicht. Während sie sich durch die Wildnis bahnte, bemerkte sie, dass der Pfad sanft abwärts führte und die grüne Umgebung allmählich einer blauen Weite wich.
Vor Manuela breitete sich das Meer aus, unendlich und geheimnisvoll. Sie schnupperte an der salzigen Seeluft und schaute fasziniert auf die sanft schaukelnden Wellen.
— Ach, du weite Welt! seufzte Manuela glücklich.
Sie war entschlossen, auch das Meer zu erkunden. Mutig fuhr sie den Strand entlang, bis der Sand zu weich wurde und die Räder des Tretrollers nicht mehr greifen konnten. Hier musste sie einen anderen Weg finden.
Plötzlich hörte sie eine heitere Stimme von irgendwo hinter sich.
— Bist du etwa auf der Suche nach einem Seeweg, kleine Maus?
Manuela drehte sich um und blickte in das lachende Gesicht eines bunten Clowns, der wie aus dem Nichts erschienen war.
— Ja, das bin ich! Ich will das Meer erforschen! erwiderte sie mit strahlenden Augen.
Der Clown lächelte und nahm eine kleine Tröte aus seiner Tasche, die er fröhlich hupte.
— Mein Name ist Kasperl, der Clown. Ich kann dir vielleicht helfen! folge mir!
Verwundert, aber gespannt folgte Manuela dem Clown, dessen breite Schuhe seltsame Abdrücke im Sand hinterließen. Kasperl führte sie zu einer verborgenen Bucht, an der eine kleine, bunte Barke festgemacht war.
— Diese Barke wird dich über die Wellen tragen, versprach der Clown.
Manuela konnte es kaum glauben. Der Tretroller, dachte sie, hatte sie zu diesem magischen Ort geführt! Sie sprang aufgeregt an Bord, kicherte und klatschte ihre Pfoten zusammen.
— Ich danke dir, Kasperl!
— Nichts zu danken, kleine Maus! Aber sei gewarnt, das Meer kann launisch sein – halte Ausschau nach der goldenen Boje, sie wird dir den Weg weisen.
Mit diesen Worten stieg Kasperl auf seinen eigenen, mit Blumen geschmückten Tretroller und fuhr mit einem Salto davon.
Manuela zog an den Seilen und setzte das kleine Segel. Die Barke glitt vom Strand weg und hinaus auf die endlosen Wasser. Die Sonne spiegelte sich in Millionen glitzernder Wellen, und die Luft war erfüllt vom Ruf der Möwen und dem Rauschen des Meeres.
Stunden vergingen, in denen Manuela wachsam blieb. Mit jedem Atemzug lernte sie das Meer besser kennen – seine Stimmungen, seine Farben und die Geschichten, die es erzählte. Von Zeit zu Zeit erblickte sie die goldenen Bojen, genau wie Kasperl es beschrieben hatte.
Als die Sonne tief stand und der Himmel sich rot färbte, bemerkte Manuela eine seltsame Bewegung im Wasser. Ein großer Schatten näherte sich langsam der Barke.
— Ei, was mag das wohl sein? murmelte Manuela neugierig.
Zeig dich, geheimnisvolles Meerwesen! rief sie mutig ins Blau.
Der Schatten kam näher und näher, bis schließlich eine Schildkröte ihren Kopf aus dem Wasser streckte.
— Wer stört meine Abendruhe mit solch einem lauten Ruf? fragte die Schildkröte verdutzt.
Manuela lachte.
— Verzeih, ich bin Manuela, die Maus, und ich erforsche das Meer auf meiner kleinen Barke, sagte sie entschuldigend.
Die Schildkröte lächelte weise.
— Dann wünsche ich dir eine gute Reise, Manuela. Pass gut auf dich auf!
Dankbar für die freundlichen Worte setzte Manuela ihre Fahrt fort. Doch nicht lange danach blähte sich der Wind auf und der Himmel zog sich zu. Wellen begannen, die Barke zu umtänzeln und zu schubsen.
— Uffbassen, muss ich! sagte Manuela zu sich selbst, als sie das Ruder fest in ihre kleinen Pfoten nahm.
Die Wellen wurden immer höher, und plötzlich wurde die Barke von einer Riesenwelle erfasst und kippte um. Manuela klammerte sich an das gekenterte Boot und schaute mit großen Augen auf das tobende Meer hinaus.
— Ich muss mich an die Worte des Clowns erinnern und die goldenen Bojen finden! sprach Manuela zu sich selbst und schöpfte neuen Mut.
Sie kämpfte gegen die Wellen an, bis sie schließlich eine goldene Boje erblickte. Mit letzter Kraft schwamm sie darauf zu, kletterte darauf und hielt sich fest.
Der Mond stieg auf und hüllte das Meer in ein zartes Silber. Unter Manuelas Pfoten begann die Boje zu leuchten und sich zu bewegen, als wäre sie lebendig. Zu ihrer großen Überraschung hob sie ab und flog mit ihr durch die Nacht.
— Ein fliegendes Wunder! rief Manuela voller Staunen.
Die Boje brachte sie sicher zurück an den Strand. Als sie wieder festen Boden unter ihren Pfoten spürte, war sie überglücklich, aber auch ein bisschen traurig, dass ihr Meerabenteuer vorbei war.
Dann sah sie eine Bewegung am Rand des Wassers. Es war Kasperl, der Clown, der mit einem Lächeln auf seinem Gesicht und der Tröte in der Hand auf sie zukam.
— Dir sei Dank, Kasperl! Ohne deine Hilfe hätte ich das Meer nie erlebt und wäre nicht wohlbehalten zurückgekehrt, sagte sie dankbar.
— Jedes Abenteuer nimmt einmal ein Ende, aber die Geschichten, die du erlebt hast, werden für immer bei dir bleiben, entgegnete Kasperl und hupte freudig.
Manuela, glücklich und müde von ihrem großen Abenteuer, schob ihren roten Tretroller heimwärts. Sie hatte eine wunderbare Geschichte zu erzählen und einen neuen Freund gefunden.
Und so kehrte sie zurück in ihr Nest in der Krone des alten Baumes, wissend, dass sie eines Tages wieder aufbrechen würde, um neuen Träumen und Abenteuern zu begegnen.