Mitten im pulsierenden Herzen einer farbenfrohen Stadt, wo Hochhäuser wie Bleistifte in den Himmel ragten und Autos wie flinke Käfer die Straßen säumten, lag ein besonderer Schulbus nicht weit vom belebten Marktplatz entfernt. Dieser Schulbus war kein gewöhnliches Fahrzeug, nein, er war bemalt mit wirbelnden Mustern und leuchtenden Farben, die im Sonnenschein funkelten wie Diamanten auf einem königlichen Gewand.
Im Inneren dieses Busses wohnte unser Held – Ein Krokodil. Kein grimmiges oder ängstliches Geschöpf, sondern ein liebenswertes Krokodil mit einem sanftmütigen Herzen und einer Vorliebe für Abenteuer. Ein Krokodil hatte Schuppen, so grün wie die frischesten Blätter im Frühling, und Augen, die mit einer Neugier glänzten, die jedes Geheimnis der Welt zu enträtseln schien.
— Guten Morgen, Flusspflanzen! — rief es eines Morgens, als die ersten Sonnenstrahlen in den Bus krochen und das Krokodil aus sanften Träumen weckten.
Der Schulbus war die perfekte Bühne für Ein Krokodils tägliche Routine, von der Morgentoilette bis zum ausgiebigen Frühstück. Doch an diesem Tag würde alles anders werden.
Neben dem Fahrersitz des Busses lag ein Telefon. Es war altmodisch, mit einer Wählscheibe, die in einem vergessenen Rhythmus tanzte, wenn man eine Nummer wählte. Doch heute klingelte es, und das laute Ring-Ring durchbrach die friedliche Stille.
— Ja, hallo? — meldete sich Ein Krokodil, neugierig, wer denn zu so früher Stunde anrufen würde.
— Guten Morgen, mein schuppiger Freund! — drang eine sanfte, melodische Stimme durch den Hörer. — Ich bin Ein Zauberer, und ich brauche deine Hilfe.
Ein Krokodil fühlte, wie sein Puls vor Aufregung schnell schlug. Ein Zauberer! Was für eine Ehre und was für ein Rätsel!
— Und worin genau besteht diese Hilfe? — erkundigte sich das Krokodil, wobei es darauf achtete, seine Stimme möglichst zuversichtlich und heldenhaft klingen zu lassen.
— Ich bin in einer kniffligen Lage, mein grüner Freund. Ich habe meine Magie verloren und brauche jemanden, der das Herz für ein wahrhaft magisches Abenteuer hat.
Ohne zu zögern, stimmte Ein Krokodil zu, und das Telefon klickte, bevor ein leises Summen den Bus erfüllte. Plötzlich begannen die Farben und Muster wild zu tanzen, und Ein Krokodil spürte, wie der Bus sich in Bewegung setzte. Die Stadt mit ihren markanten Gerüchen von frischem Brot und saftigen Orangen zog an den Fenstern vorbei, bis nur noch die offene Landschaft und das unendliche Blau des Himmels übrig blieben.
Dann, so plötzlich wie das Abenteuer begonnen hatte, hielt der Bus an, und Ein Krokodil trat auf ein Feld hinaus, so grün und weitläufig, dass es schier unendlich erschien. Dort stand Ein Zauberer, bekleidet mit einem weiten Mantel, der alle Farben des Regenbogens in sich trug, und mit einer Mütze, die so spitz zulief, als wolle sie den Himmel berühren.
— Willkommen, mein edles Krokodil! — begrüßte der Zauberer unser Held mit einer Verbeugung, die so tief war, dass der Rand seiner Mütze das Gras streifte.
Gemeinsam schritten sie über das Feld, und Ein Zauberer erzählte, wie seine Magie in drei verschollenen Gegenständen schlummere, die sie jetzt zurückholen müssten. Die erste Aufgabe führte sie zu einem verzauberten Wald, wo die Bäume so hoch waren, dass ihre Wipfel die Wolken kitzelten.
— Aber wie sollen wir je so hoch hinaufkommen? — fragte Ein Krokodil, als es seinen Kopf in den Nacken legte, um die gewaltigen Baumkronen zu begutachten.
Ein Zauberer zwinkerte nur. — Die Magie liegt oft in der einfachen Entschlossenheit, mein Freund.
Und mit diesen Worten begannen sie zu klettern. Äste wurden zu Leitern, und die Vögel jubilierten eine Melodie, die von Mut und Freundschaft kündete. Oben, auf der Spitze des höchsten Baumes fanden sie ein Amulett, das mit Rubin und Amethyst besetzt war, und das Herz des Zauberers schlug wieder vor freudiger Erwartung.
Die zweite Aufgabe führte sie zu einem See, dessen Wasser so klar war, dass Ein Krokodil sein Spiegelbild darin tanzen sehen konnte. Sie mussten den silbernen Fisch fangen, der mal hier, mal dort seine silbrige Spur im Wasser hinterließ.
— Du bist geschaffen für das Wasser! — sagte Ein Zauberer und klatschte vor Freude in die Hände, als Ein Krokodil mit einem eleganten Sprung in den kühlen See tauchte. Nach einer kurzen Verfolgung brachte unser Held triumphierend den schimmernden Fisch zurück.
Das letzte Stück der verlorenen Magie führte sie zu einer Höhle, die so dunkel war, als hätte jemand die Nacht darin eingesperrt. Dort lebte die alte weise Eule, die Wächterin des letzten Gegenstandes, eines Kristallstabes.
— Nur wer das Herz eines wahren Abenteurers hat, — krächzte die Eule mit tiefer Stimme, — wird den Stab in seinen Besitz nehmen dürfen.
Ein Krokodil hatte keine Angst. Mit fester Stimme erklärte es ihr den noblen Zweck ihres Kommens. Beeindruckt von so viel Mut überreichte die Eule ihnen den Stab. Das Herz des Zauberers sprühte wieder vor Magie, und die Welt um sie herum schien in neuem Glanz zu erstrahlen.
— Du hast nicht nur mein Herz, sondern auch meine Magie gerettet, mein mutiger Freund, — verkündete Ein Zauberer und legte eine Hand auf die Schulter unseres Helden.
Als Ein Krokodil zurück in den bunten Schulbus stieg, fühlte es sich seltsam anders an – größer irgendwie, mutiger und bereit für das nächste Abenteuer. Es hatte einiges erlebt: das Klettern, das Tauchen, das Verhandeln mit einer Eule. Und all das begann mit einem einfachen Ring-Ring eines Telefons in einem magischen Schulbus.
In der Welt, in der das Außergewöhnliche oft im Gewöhnlichen versteckt liegt, hatte Ein Krokodil gelernt, dass die Magie nicht nur in den Händen eines Zauberers liegt, sondern auch in seinem eigenen Herzen. Und während der Zauber-Schulbus in den Sonnenuntergang rollte, war dieses Herz voller Freude, Hoffnung und unzähligen Geschichten, die es eines Tages vielleicht selbst erzählen würde.
