In einem bunten Städtchen, das immer nach frisch gebackenen Waffeln und Zuckerwatte duftete, breitete sich einmal im Jahr ein Jahrmarkt aus, der die Herzen aller Kinder höherschlagen ließ. Zwischen glitzernden Karussellen und schillernden Spielbuden versteckte sich eine besondere Attraktion: das Wasserwunderland, ein Platz, wo sprudelnde Brunnen und kleine Seen die Fantasie anregten.
Genau hier, am Rande des glitzernden Wassers, lebte Ein Frosch, der kein gewöhnlicher Frosch war. Er trug nämlich Hosen! Diese waren nicht nur äußerst schick, sondern hatten auch viele bunte Taschen, von denen jede einzelne voller Geheimnisse und kleiner Schätze steckte. Seine neueste Errungenschaft war eine winzige Kompassnadel, die mal hierhin, mal dorthin zeigte – nie aber den Weg nach Hause.
— Du bist ein seltsamer Anblick, fand die Schildkröte eines Tages, die es sich neben ihm auf einem Stein gemütlich machte.
— Was ist schon normal? entgegnete Ein Frosch mit einem verschmitzten Lächeln. Sind es nicht die ungewöhnlichen Dinge, die das Leben interessant machen?
Eines Morgens, als der Jahrmarkt noch in den letzten Zügen des Morgentraumes verweilte, führte ihn die Kompassnadel zu einem ganz anderen Teil des Marktes, den er noch nie zuvor betreten hatte. Hier hörte er statt Musik und Lachen nur das sanfte Plätschern von Wasser.
Ein riesiger, blauer Schatten zeichnete sich unter der Oberfläche ab. Ein Wal! Aber dieser Wal war nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus schimmerndem Stahl und bunten Lichtern. Doch trotz seines künstlichen Daseins sprach er mit einer Stimme, die so tief und alt wie das Meer selbst klang.
— Wer bist du, der sich in meine Welt wagt? fragte Ein Wal mit einem Ton in der Stimme, der an entferntes Donnergrollen erinnerte.
— Ich bin Ein Frosch, der nach Wahrheit sucht, und meine Hosen sind voller Träume, erwiderte Ein Frosch selbstbewusst.
— Die Wahrheit, murmelte Ein Wal nachdenklich. Viele kommen hierher und suchen nach Unterhaltung, nach Illusionen und Flucht. Aber Wahrheit? Das ist ein seltener Schatz.
In der Welt des Wals gab es ein Rätsel, das schon lange auf eine Lösung wartete. Ein Versprechen, eingefangen in glänzendem Metall, hatte demjenigen, der es lösen konnte, ein Geheimnis offenbart. Doch keines der Kinder auf dem Jahrmarkt hatte sich je für mehr als flüchtige Freude interessiert. Bis heute.
— Ich stelle dir eine Aufgabe, sagte Ein Wal. Seine Augen funkelten wie sternebesetzter Nachthimmel. — Du musst drei Aufgaben bestehen, um mein Geheimnis zu lüften. Die erste Aufgabe ist: Finde den Spiegel, der nicht lügt.
Ein Frosch fühlte ein Kribbeln in seinen Hosen – Mut und Neugier hatten sich dort versteckt und flüsterten ihm jetzt zu, dass dies nur der Anfang einer unglaublichen Reise sei. Mit einem beherzten Hüpfer machte er sich auf den Weg.
Der Spiegel, der nicht lügt, war tief in einem Labyrinth aus verzerrten Spiegeln versteckt, die alle Besucher größer, kleiner, dünner oder breiter erscheinen ließen. Aber Ein Frosch hatte keine Angst. Er vertraute auf die Worte, die der Wal zu ihm gesprochen hatte, und auf das Flüstern in seinen Hosen, das ihm sagte: Die Wahrheit siegt immer.
Stunden vergingen, während Ein Frosch sich durch das Labyrinth schlängelte, sein eigenes verzerrtes Spiegelbild ignorierte und nur der Kompassnadel folgte, die ihn sicher führen sollte.
— Du siehst müde aus, mein kleiner Freund, erklang plötzlich eine Stimme so klar und echt, dass Ein Frosch augenblicklich wusste, er hatte den Spiegel, der nicht lügt, gefunden.
Vor ihm stand ein Spiegel, so klar und rein, dass er sich darin sah, wie er wirklich war – ein kleiner Frosch in Hosen, der entschlossen war, die Wahrheit zu finden. Er berührte die glatte Oberfläche, und im nächsten Moment befand er sich wieder vor dem Wal, der erwartungsvoll nickte.
— Du hast die erste Aufgabe bestanden, sprach Ein Wal. — Doch zwei weitere warten noch auf dich. Die zweite Aufgabe ist: Entlarve den Lügner, der sich unter Freunden verbirgt.
Ein Frosch hüpfte zurück zum Jahrmarkt, zum Herzen des Lachens und der Freude. Dort gab es eine Spielbude, an der ein Mann mit einer zu großen Nase und zu bunten Hosen stand und mit seinem redegewandten Charme die Kinder anzog.
— Tritt näher, tritt näher! Gewinne einen Preis – wenn du das Rätsel lösen kannst! rief er mit einer Stimme, die in der Luft glitzerte wie Seifenblasen.
Ein Frosch betrachtete den Mann genau. Er sprach über Freundschaft und Vertrauen, doch in seinen Augen glitzerte der Schalk. Bald merkte Ein Frosch, dass der Mann die Wahrheit auf die Probe stellte. Er behauptete, der beste Freund eines jeden zu sein, doch als er ein Geheimnis zu flüstern vorgab, flüsterte er jedem Kind etwas anderes.
— Du hast mit jedem gesprochen, als wärst du ihr Freund, doch Freunde sind jene, die zusammenstehen in jeder Runde, sagte Ein Frosch laut und deutlich. — Die Wahrheit ist ein fester Boden, auf dem wahre Freunde sich finden und trauen.
Da erkannten alle, dass der Lügner nicht mehr länger das Spiel leiten konnte. Die Kinder wandten sich von ihm ab und suchten echte Freunde, solche, die nicht mit süßen Worten, sondern mit ehrlichen Taten überzeugten.
Nachdem er die zweite Aufgabe gemeistert hatte, fand sich Ein Frosch wieder vor dem Wal.
— Du hast Weisheit und Mut bewiesen, lobte Ein Wal. — Nun zur letzten Herausforderung: Teile das, was dir am wertvollsten ist, mit einem, der nichts hat.
In seinen bunten Hosen hatte Ein Frosch viele Schätze, aber was war das Wertvollste? Er dachte lange nach und entschied sich. In der hintersten Tasche fand er einen kleinen, unbedeutenden Stein, der einst einem Freund gehört hatte. Der Freund war nicht mehr da, aber Ein Frosch hatte immer den Stein behalten. In Erinnerung an die Zeiten, die sie zusammen verbracht hatten, war der kleine Stein nun das kostbarste, was er besaß.
Er fand einen alten Hasen, der einsam auf einer Bank saß, kein Lächeln im Gesicht – er hatte schon lange den Glauben an den Jahrmarkt verloren.
— Ich möchte dir einen Schatz überreichen, sagte Ein Frosch und legte den Stein in die Hand des Hasen. — Er mag klein scheinen, doch er trägt all die Liebe und Freundschaft in sich, die ich je gekannt habe.
Der Hase sah auf den Stein, und als er daraufhin aufblickte, war sein Gesicht vom ersten echten Lächeln seit Jahren erhellt.
— Du hast mir mehr als nur einen Stein gegeben, du hast mir Erinnerungen geschenkt und die Freude, die ich verloren glaubte, sprach er dankbar.
Glücklich kehrte Ein Frosch zum letzten Mal zum Wal zurück.
— Du hast alle drei Aufgaben mit Ehren bestanden, verkündete Ein Wal feierlich. — Und somit das größte Geheimnis des Jahresmarktes entdeckt. Die Wahrheit, dass Teilen, Wahrhaftigkeit und der Mut, das Richtige zu tun, die wahren Schätze des Lebens sind.
Und als Ein Frosch mit einem fröhlichen Hüpfer von dannen zog, wusste er, dass die Hosen voller Träume und die Suche nach Wahrheit ihn zu einem Abenteuer geführt hatten, das