In einer Welt, nicht weit von hier, lag eine Wiese, so weit das Auge reichte, geschmückt mit leuchtend bunten Blumen und von emsigen Bienelein besucht, die summend von Blüte zu Blüte tanzten. Inmitten dieses blühenden Paradieses lebte Ein Bär, nicht irgendwelcher Bär, sondern einer, den die Tiere des Waldes nur „den Träumer nannten.
Ein Bär war bekannt für seine abenteuerlichen Geschichten und seinen nie enden wollenden Wunsch, hoch am Himmel zu fliegen. Keine Federkleid konnte er rühmen, und doch sehnte er sich nach den Lüften mehr als alles andere in dieser Welt.
Eines Morgens, als die Sonne die Tautropfen zu Perlen des Lichts verwandelte, erwachte Ein Bär mit einem Gefühl der Vorahnung, dass heute etwas Wunderbares geschehen würde. Er räkelte sich genüsslich und ließ den süßen Duft von Wildblumen in seine Bärennase kriechen.
— Guten Morgen, Ein Bär! Was träumst du heute? — flötete eine sanfte Stimme, von einem kleinen Feldhasen kommend, der neben ihn hüpfte.
— Ach, ich träumte von einer Reise hoch hinauf, wo die Wolken wie Schäfchen am Himmel ziehen und die Welt sich zu meinen Pfoten ausbreitet — antwortete Ein Bär mit einer tiefen Sehnsucht in seiner Stimme.
Während er noch die Worte aussprach, zitterte die Luft über der Wiese und etwas blitzte in der Sonne. Es war Ein Drachen, der mit prächtigen, farbenfrohen Flügeln anmutig kreiste. Seine Schuppen glitzerten wie Edelsteine und sein Schweif malte Muster in den blauen Himmel.
Ein Bär staunte nur und sein Herz begann wild zu klopfen. Der Drachen war das prächtigste Wesen, das er je gesehen hatte.
— O je! Ich habe noch nie so einen Wundersamen Drachen gesehen! Wer ist das? — rief der Feldhase, dessen Augen vor Aufregung funkelten.
— Ich weiß es nicht, aber ich muss es herausfinden! — Mit diesen Worten machte sich Ein Bär kurzerhand auf die Pfoten und strebte einem großen Abenteuer entgegen.
Er folgte dem schimmernden Drachen, der langsam über die Wiese hinwegzog und hinterließ eine Spur aus Goldstaub in der Luft. Jedes Tier, das den Drachen erblickte, blieb stehen und bestaunte das majestätische Wesen. Keiner wagte es jedoch, ihm zu nahe zu kommen – keiner außer Ein Bär.
Als er den Drachen endlich erreichte, stand er unter ihm und rief hinauf:
— Edler Drachen, bist du gekommen, um mir den Traum vom Fliegen zu erfüllen?
Der Drachen, überrascht davon, dass jemand seinen Pfad gekreuzt hatte, senkte seinen majestätischen Kopf und betrachtete den Bär, der keinerlei Furcht an den Tag legte.
— Du bist mutig, kleiner Bär. Warum solltest du von allen Kreaturen auf dieser Wiese das Fliegen erfahren? — fragte der Drachen mit einer Stimme so tief und vibrierend wie der Donner selbst, und doch war sie warm und voller Neugier.
— Weil ich glaube, dass jeder, egal ob groß oder klein, Federn oder Pelz, das Recht hat, seine Träume zu verfolgen — erklärte Ein Bär mit ernster Miene.
Der Drache schien kurz zu überlegen, sein Blick durchdrang die Seele des Bären, suchte nach der Wahrheit hinter seinen Worten. Schließlich neigte der Drache sein Haupt und bot dem Bären einen Platz zwischen seinen mächtigen Schwingen an.
— Steig auf, mutiger Träumer. Lass uns gemeinsam die Welt von oben bestaunen und deine Träume Wirklichkeit werden lassen.
Ohne zu zögern kletterte Ein Bär auf das Rückgrat des Drachen, und seine Tatzen umklammerten einen großen, robusten Schuppen, der sich anfühlte wie der Rindenpanzer eines uralten Baumes. Mit einem kraftvollen Flügelschlag erhoben sie sich in die Lüfte, und der Wind pfiff ihnen um die Ohren.
Die Wiese, die sie soeben noch aus der Nähe betrachtet hatten, schrumpfte unter ihnen zu einem grünen Tätchlein. Sie flogen über dunkle Wälder, reißende Flüsse und schroffe Berge. Die Welt, die Ein Bär nur von unten kannte, breitete sich nun in all ihrer Großartigkeit vor ihm aus.
— Hast du jemals etwas so Wundervolles gesehen? — fragte der Drachen, der den Stolz in der Stimme des Bären nicht überhörte.
— Nein, niemals! Danke, weiser Drachen, dass du den Himmel für mich geöffnet hast. Ich werde dieses Erlebnis mein Leben lang in meinem Herzen tragen — sagte Ein Bär, während ihm Freudentränen über das plüschige Fell liefen.
Stunden vergingen, während sie durch die Wolken segelten und die Erde von oben bewunderten, bis der Drachen sanft begann, hinabzusteigen, auf die weite Wiese, den Ausgangspunkt ihrer Reise. Als sie landeten, scharten sich die Tiere des Waldes um sie, erfüllt von Ehrfurcht und voller Fragen.
— Wie war es, Ein Bär? Erzähl uns von den Wundern, die du gesehen hast! — riefen sie im Chor.
Der Bär, erfüllt von neu gewonnener Weisheit und dem Glanz des Abenteuers in den Augen, begann seine Geschichte zu erzählen, von den schneebedeckten Gipfeln, von den weiten Ozeanen und den Wolkenschlössern, die er mit dem Drachen besucht hatte.
— Es gibt so viel mehr da draußen, als wir uns vorstellen können. Träume sind der Anfang eines Weges, denn wenn du den Mut hast, ihnen zu folgen, dann wird das Unmögliche möglich — schloss Ein Bär seine Erzählung.
Die Tiere des Waldes lauschten andächtig und ihre Augen glänzten vor Freude und Inspiration. Selbst nachdem der Drachen in den Sonnenuntergang geflogen war, blieb die Magie des Tages in ihren Herzen und Gedanken zurück. Ein Bär hatte ihnen allen gezeigt, dass mit Mut, Neugier und einem freundlichen Drachen, Träume wirklich flügel wachsen können.